Wolfgang Männer – Tuchstücke
Wolfgang Männer, Hubert Arnim-Ellissen
ISBN: 978-3-99126-233-6
37×27 cm, 240 Seiten, zahlr. farb. Abb., Hardcover, Leinen, offene Fadenheftung, gefasst in e. handgefertigten Schuber (41,5×32 cm) | Limitierte & nummerierte Auflage (#/100)
121,00 €
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Kurzbeschreibung
Gefundenes, Gekritzeltes, Erschautes, Gehörtes, Erlebtes, Geträumtes, Gedankenspiele und daraus sich bietende Schlussfolgerungen in unterschiedlichen Techniken auf Buchseiten unterschiedlicher Größen zu zwingen, war mir ein Jahrzehnte lang geübtes und überaus erheiterndes Unterfangen.
Einige dieser Buchseiten in leintuchgroße Bilder zu übersetzen, die Leintücher selbst als Notizzettel anzusehen, führte zu der Vielfalt an Tuchstücken, die ich – im Versuch, ihrem Wesen und ihrer Verletzbarkeit zu entsprechen – im vorliegenden Band darzubieten mich bemühte.
Dem Wunsch, den Bildern die ihnen zu Grunde liegenden Ereignisse und Gedanken beizufügen, kam ich gerne nach, wobei auf die Unmöglichkeit, Gemaltes in Sprache zu fassen, hingewiesen sei, war es doch die Sprachlosigkeit, die mich veranlasst hatte, sowohl Erfahrenes wie auch Ersponnenes in Strichen, Flächen und Farben darzustellen.
1988. „Guten Tag, Reisender!“ sagte der Mann, streckte mir die rechte Hand zum Gruß entgegen und schloss mit der Linken das Tor zu meinem Atelier.
„Ich bin kein Reisender“ widerdachte ich der Unverschämtheit seiner Anrede und entschied im nämlichen Augenblick, keines der vom vazierenden Händler (ein solcher schien er zu sein) zu erwartenden Angebote an Stiften, Federn, Farben, Lacken,Terpentinen, Pinseln, Pigmenten, Leinwänden, Keilrahmen, Hartfaserplatten usw. anzunehmen.
Ich hatte den Mann noch nie gesehen. Er ließ den Hut auf, setzte sich unaufgefordert auf den ihm nächsten Sessel, überkreuzte die Beine, ließ die zum Gruß ausgestreckte Hand sinken (ich hatte sie nicht ergriffen) und setzte fort: „Wir werden zusammenarbeiten während der nächsten Jahre. Ich freue mich darauf!“
„Niemals!“ sprach ich zu mir, erhob mich und geleitete ihn, der gleichzeitig aufgestanden war, zum von mir geöffneten Tor.
Der Mann drehte sich mir zu, griff in die Jackentasche, entnahm ein weißes Kärtchen und überreichte es mir.
W. M., Reisender, Innendienst, stand darauf. Adresse und Telephonnummer waren meine!
„Wir werden zusammenarbeiten!“ sagte der Mann, ergriff seinen beschnitzten Gehstock und fuhr fort: „Ihr Freund, der Siebdrucker Hans Wieringer aus Willendorf stellt Ihnen Pigmente aller Farben – in Säckchen, Dosen und Blechfässern – als Geschenk zur Verfügung und wird die umfangreichen Gebinde demnächst anliefern. Der Malermeister Franz Koss aus Gloggnitz wird Ihnen Leim, Dispersion, Kunstharzlack, Lösungsmittel usw. liefern. Gratis und frei Haus. Das in Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft gelegene Hotel Flackl versprach mir, Ihnen alle aussortierten Bettbezüge und -laken zu schenken, sodaß Sie genügend Bildträger haben werden, Ihren malerischen Wünschen nachzukommen.“
Ich tappte geradewegs in die Falle des Fremden und sah mich tags darauf das erste Bettlaken grundieren. Sind der Reisende und ich EIN EIN?
2023. „Der Reisende“, mittlerweile treuer Begleiter (von manchmal vornehm dargebrachter Hinterlist und süßer Tücke) bat mich, die ‚Tuchstücke‘ (so möchte er die aus den obgenannten Zuwendungen zwischen 1988 und 1999 entstandenen, rahmenlosen Bilder benannt haben) in Worten zu erläutern und gemeinsam mit den Bildern ein Buch zu gestalten.
Die ‚Tuchstücke‘ sind nach den Jahren ihrer Entstehung gelistet und wurden nach des Reisenden Gutdünken ausgewählt.
Insgesamt zählte ich einst mehr als 330 der auf Bettlaken gemalten Notizen.
Sämtliche im Buch gezeigten Bilder sind mit Kunstharzlack und mit ihm vermengten Pigmenten gemalt. […]
Wolfgang Männer (WUIFI), Berichterstatter & Matrose.
Den Beruf „Matrose“ habe ich nachträglich hinzugefügt, um mir den Anschein eines Weltengastes zu geben.
[Hrsg.: Hubert Arnim-Ellissen]
[artedition · Verlag Bibliothek der Provinz]