Onkel Emmerich
Gruber Geschichten
Klaus Wieser
ISBN: 978-3-99126-228-2
19,5×13 cm, 182 Seiten, Hardcover
24,00 €
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Kurzbeschreibung
Die Erzählungen sind reine Fiktion, alle handelnden Personen sind frei erfunden und doch mag man vermeinen, der einen oder anderen schon irgendwo einmal begegnet zu sein.
Rezensionen
Leo Lugmayr: Roman-Erstling als Auftakt zu TrilogieNach drei erfolgreichen Gedichtbänden und vier lyrischen Reisetagebüchern legt der in Kematen und Böhlerwerk aufgewachsene Autor Klaus Wieser mit „Onkel Emmerich – Gruber Geschichten“ seinen ersten autofiktionalen Roman vor.
Sein Berufsleben als Pädagoge verbrachte Klaus Wieser in Bad Hall. Dort lebt er auch heute und dort war er auch grüner Gemeinderat. In dem Buch aber, das er nun in der Bibliothek der Provinz vorlegt, reist er in seine Kindheit und Jugend im Ybbstal zurück.
„Dabei ist vieles echt und wahr, manches erfunden, manches könnte so gewesen sein“, sagt Wieser auf die Authentizität des Buchinhalts angesprochen. Autofiktion nennt die Literaturkritik dieses Vorgehen. Der Hauptcharakter des Buches, Gruber, hat jedenfalls eine erkennbare Schnittmenge mit dem Autor und dessen Erleben. Die des Onkels Emmerich auch mit einem durch einen Generationssprung vom Autor entfernten Charakter.
„Das Buch besteht aus drei Teilen, die gemeinsam haben, dass Gruber in ihnen vorkommt“, sagt Wieser. Im ersten Abschnitt wird Grubers Aufwachsen auf dem Land in all seiner ländlichen Brutalität, mit all seinen kleinen Konflikten und seinem daraus hervorgehenden Müttergezänk angesichts der Taten ihrer Kinder plastisch dargestellt. „Gerade die oft in ihrer Skurrilität als erfunden vermuteten Passagen sind meist wirklich passierten Ereignissen nachempfunden, während die verbindende Staffage erfunden ist“, sagt Wieser. Im zweiten Teil des Buches begibt sich Gruber auf Interrailtour und per Autostopp quer durch Europa, wie der Autor einst auch. Im dritten Teil geht es nach Indien und in ein Wechselbad der nicht drogenfreien Grenzerlebnisse.
Nach drei Gedichtbänden ist Wieser in der Prosa angekommen, wobei das vorgelegte Werk Erstling einer Trilogie mit Gruber als fixem Element sein soll. Alles Wieser oder was? „Nein“, kontert der Autor, „je älter der Gruber wird, desto mehr schleichen sich Facetten anderer – oft echter – Personen in den Hauptakteur und den Erzählstrang ein.“ Wieser, der inzwischen als Mitglied in die renommierte „Grazer Autorinnen Autorenversammlung GAV“ aufgenommen wurde, eulenspiegelt dabei gut mit dem Changieren von Personen.
Bekannt geblieben ist Klaus Wieser im Ybbstal auch als seinerzeitiger Fußballer. Stand er doch in der zweiten Hälfte der 70er-Jahre im Kader der legendären Böhler-Elf. Im letzten Jahr der Regionalligazugehörigkeit des Vereins – damals die zweithöchste Liga im österreichischen Fußballzirkus – und in weiterer Folge in der Landesliga lief Wieser in der Böhlertruppe ein. Ob dieser Ball in Gruber-Folgebände noch aufgenommen wird, bleibt abzuwarten.
(Leo Lugmayr, Rezension in der NÖN Ausgabe Ybbstal Woche #6/2024, S. 17)
https://www.noen.at/ybbstal/autor-aus-der-region-nach-drei-lyrikbaenden-nun-klaus-wiesers-erster-roman-408158078
Martin Heidl: [Rezension]
Der erste Prosaband des in Niederösterreich geborenen Lyrikers Klaus Wieser ist im Verlag Bibliothek der Provinz erschienen. Das Coverfoto besteht aus 3 Teilen. Himmel, Erde und ein Mauervorbau mit Schatten. Sie können sich aussuchen, welcher Farbabschnitt zu welchem Lesekapitel gehört. Oder sind alle miteinander verwoben?
Den drei Teilen ist gemeinsam, dass Gruber in ihnen vorkommt. Im ersten Abschnitt wird Grubers Aufwachsen auf dem Land in all seiner ländlichen Eigenheit, mit all seinen kleinen und größeren Konflikten und Familienkuriositäten erzählt. Im zweiten Teil des Buches begibt sich Gruber auf Interrailtour und per Autostopp quer durch Europa und Marokko als Schritt nach Afrika. Im dritten Teil geht es nach Indien in ein Bad aus Menschlichkeit, deren Beschreibung besticht und entgeistert.
Die Gruber Geschichten ziehen mich soghaft hinein, ob man nun in der Enge des ländlichen Aufwachsens landet oder im Opel eines jungen deutschen Paares in Spanien, das sich nichts mehr zu sagen hat oder in einem Bus in Indien mit Ausblicken auf verunfallte Rostlauben. Wieser schafft es auf einer knappen Seite die ach so christliche-Nächstenliebe-Erziehung im Nachkriegsösterreich aufzuzeigen, ohne den Finger in die Wunde zu legen – das bleibt der Leserin / dem Leser selbst überlassen. Eigene Bilder der Kindheit tauchen auf und wieder ab; man sitzt mit Gruber bei Onkel Emmerich im Haus und fühlt mit. Sprachlich auf das Wesentliche reduziert; er erzählt und bewertet nicht; er sieht zu und schaut nicht weg; er lässt passieren, er hat keine Angst, oder kaum eine, und wenn, dann geht sie vorbei …
Sozialisiert mit Winnetoufilmen
„Wie die Zeit im Kindergarten, war auch der Besuch der Volksschule eine Tortur gewesen. Grubers Klassenlehrer, der Direktor der Schule, war ein bösartiger, zynischer, bis auf die Knochen abgemagerter Mensch gewesen“ – den Nazi erwähnt er nicht, das wussten die Kinder damals ja nicht. Indianerspielen als Zeitvertreib; wer spielte nicht Indianer? Sozialisiert aus dem aufgekommenen Fernsehen mit den Winnetoufilmen und den vielen Edelwestern wollte jeder ein Held sein; auch die Väter aus der verlorenen Kriegskindergeneration.
Über den Haufen schießen, sagte Onkel Emmerich, wenn es „reichte“; Onkel Emmerich wurde zitiert, wenn das Geschriebene, Gehörte zu mächtig wurde und ohnmächtig machte. Die Tante Melitta in Linz, im Sauberkeitswahnsinn gefangen, bewaffnet mit dem „Wettex“, dem alles wisch und weg. Vergessene Wörter tauchen auf: Trangler, Scherm, Rabattel, verkutzt.
Mir tut das Kreuz so weh
Wolfgang Ambros besingt Jesus: Mir tut das Kreuz so weh; Wieser nimmt ihn nach Indien mit. Markus Werner mit Zündel’s Abgang: eine Lehrergeschichte mit Paukenschlagende. Gruber ist ebenfalls Lehrer im Brotberuf. Der Musiker Alex Miksch. „Es schifft aus volle Schaffeln“, und das in Indien. Alex Miksch bloß ein Insider-Tipp? Gruber kennt sie alle.
Ein Hineingucker mit Leib und Seele. Er lässt es passieren, geschehen, und er ist mitten drin. „Gruber stieg etwas höher hinauf und genoss das herrliche Wetter und die wunderbare Landschaft. Er geriet ins Grübeln. Der Mensch sieht den Berg, der Berg sieht den Menschen. Der Fisch schwimme, der Vogel fliege, sei das nicht genug?“ Der Mensch sitzt, geht, läuft …, ist das nicht mehr als genug?
Ich freue mich auf weitere Gruber Geschichten! Eine Erlebnis-Sofa-Reise mit Tiefgang als Einblick in Welten, wo ich nie war.
„Ein wenig noch tanzen“.
(Martin Heidl, Rezension in: DUM. Das Ultimative Magazin, Jahrgang 27, № 109, 2024, [S. 50 ?])
https://www.dum.at/rez/emmerich.php?nav=rez