Klavierlieder in oberösterreichischer Bauernsprache
Maurus Lindemayr, Peter Deinhammer , Ernest Frauenberger , Christian Neuhuber
ISBN: 978-3-99028-262-5
22,5×24,5 cm, 348 Seiten, m. Abb., Notenbeisp., Hardcover m. Lesebändchen
34,00 €
Lieferbar
In den Warenkorb
Leseprobe (PDF)
Kurzbeschreibung
Er gilt als bedeutendster Dialektdichter des 18. Jahrhunderts im bairisch-österreichischen Sprachraum: Der Lambacher Benediktiner P. Maurus Lindemayr (1723–1783) hielt in seinen vielgesungenen ‚Bauernliedern‘ Momente des Alltagslebens fest, wie sie in dieser Eindringlichkeit und Authentizität sonst kaum überliefert sind. Mit P. Ernest Frauenberger (1769–1840) machte sich ein Kremsmünsterer Ordensbruder Jahrzehnte später daran, die Melodien für das Fortepiano zu arrangieren, um so eine wegweisende Symbiose aus Volkslied und Kunstlied zu schaffen. Nun liegen diese Lieder, die uns von Fehden, Kriegen und bäuerlichem Elend ebenso erzählen wie von den Freuden und Späßen barocker Unterhaltungskultur, erstmals vollständig notiert, erläutert und kommentiert vor.
[Kommentierte Ausgabe, hrsg. von Peter Deinhammer u. Christian Neuhuber]
Rezensionen
Sandra Föger: [Rezension]Peter Deinhammer und Christian Neuhuber legen in der kommentierten Ausgabe Klavierlieder in oberösterreichischer Bauernsprache eine wertvolle, detailliert ausgearbeitete Quelle zur oberösterreichischen Musikgeschichte vor. Die Liedsammlung, konzipiert als Singbuch, liegt als Autograph vollständig erhalten in 4 Heften im Archiv des Kremsmünsterer Benediktinerstifts auf. Die darin enthaltenen Lieder, Anfang des 19. Jahrhunderts vom Hofschreiber der Kremsmünsterer Herrschaft Scharnstein Johann Hammerschmidt, zusammengetragen, zeugen von hoher Qualität und belegen zugleich die kulturgeschichtliche Bedeutung einer noch kaum entdeckten Gattung. Getextet wurden die Lieder von einem der bedeutendsten Dialektdichter des 18. Jahrhunderts, P. Maurus Lindemayr. Nicht wenige seiner Lieder waren ein fester Bestandteil des Volksliedgutes und blieben über lange Zeit in Erinnerung. Jahrzehnte später setzte der seinerzeit sehr bedeutende oberösterreichische Liedkomponist, der Kremsmünsterer Benediktiner Ernest Frauenberger, die Lieder für „forte piano“. Frauenbergers Vorliebe galt der damals aufkommenden Gattung des Klavierlieds.
Die inhaltlich und auch optisch ansprechende Edition des Notentextes von über 40 Liedern bietet mit seinen ausführlichen Erläuterungen zu den Dialektwörtern sowie zum Entstehungskontext der einzelnen Liedtexte vielfältige und authentische Einblicke in das bäuerliche Leben Oberösterreichs im 18. Jahrhundert. Beinhalten die frühen Liedtexte noch den damals üblichen Spottgesang über den klischeehaft faulen Bauer mit niederer Arbeitsmoral – so wurde das Bauerntum in der geistlichen Dichtung im 17. und frühen 18. Jahrhundert gerne dargestellt –, treten in späteren Kompositionen soziale Missstände in den Vordergrund. Lindemayr selbst war als Seelsorger mit den Sorgen, Freuden und Nöten der Dorfbewohner konfrontiert und brachte Aktuelles in seine Texte ein. Zeittypische Themen wie Krankheit, Aderlass, sukzessive Verarmung durch Abgabendruck und Stempelverordnungen, Zwangsrekrutierung, Hexerei, das Leben auf dem Land etc. sind Inhalte der Vertonungen. Einige der Lieder entstanden zu bestimmten Anlässen, wie etwa zu einer Primiz, die hochzeitsähnliche Feierlichkeiten annahm und den gesamten Ort teilhaben ließ, oder zu den Festlichkeiten anlässlich der Durchreise der Erzherzogin Maria Antonia (Marie Antoinette). Einzelne Faschingslieder, Spottlieder sowie Hochzeitslieder sind bestimmten Personen gewidmet.
Die meisten Kompositionen sind kurze, einfache Strophenlieder mit eingängigen Melodien. Die Klavierbegleitung verlangt eine gewisse Geläufigkeit, über die wohl der Komponist der Klavierlieder selbst verfügte. Von der damals im Klavierlied typischen Schlichtheit des Instrumentalparts sind die Kompositionen von Frauenberger weit entfernt. Zeittypische Verzierungen verweisen auf einen galanten Klavierstil des späten 18. Jahrhunderts. Die Lieder bilden einen eigenständigen Typus an der Schwelle zwischen Volks- und Hochkultur, sie zeigen eine beeindruckende Symbiose von Volks- und Kunstlied.
Eine so authentische Darstellung von Alltagsmomenten des oberösterreichischen Bauerntums der damaligen Zeit, wie sie die hier vorliegende Sammlung bietet, ist außergewöhnlich. Die oft sehr humorvollen Texte sowie die Singbarkeit der Lieder zeichnen das Singbuch als besondere Kostbarkeit der oberösterreichischen Musikgeschichte aus.
(Sandra Föger, Rezension im Jahrbuch des Österreichischen Volksliedwerkes Band 65 [2016], S. 292 f.)
Klaus Huber: „Weil mi kain ainzige Sauhaut nöt will“ – Bauernlieder von Pater Maurus
Chorleiter könnten aus dem Vollen schöpfen, wenn sie ihr Volkslieder-Repertoire erweitern wollen; trotzdem wählen viele immer wieder dieselben Lieder aus.
Heute wird ihnen ein neues Singbuch als Fundgrube nahegelegt: „Klavierlieder in oberösterreichischer Bauernsprache“, ein bibliophiles Prachtstück aus Richard Pils’ Verlag Bibliothek der Provinz.
Den Herausgebern Christian Neuhuber und Peter Deinhammer, zwei Oberösterreichern mit akademischen Karrieren, haben es die „Bauernlieder“ des Lambacher Benediktinerpaters Maurus Lindemayr (1723–1783) angetan, die der Kremsmünsterer Ordensbruder Ernest Frauenberger (1773–1840) für Fortepiano arrangierte – eine gelungene Symbiose aus Volkslied und Kunstlied.
Ein Jahrhundert vor Franz Stelzhamer war P. Maurus Lindemayr der bedeutendste Dialektdichter des bairisch-österreichischen Sprachraumes. Er beherrschte die Kunst, den Menschen mit selbst geschriebenen Liedern all das „hineinzusagen“, was sie in Predigten kaum wahrgenommen hätten. Lindemayr erzählt von Fehden und bäuerlichem Elend ebenso wie von den lustvollen Freuden barocker Unterhaltung.
Dabei versteckt er das Belehrende listig hinter Lustigem, oft auch in derbem Gewand, im Dialekt des 18. Jahrhunderts: „Leckts mön A… Menschä! iezt geh i davon / ös nächst böstö Klastä, das i nä trief an / i will eintrettn, ös braucht gar nöt viel / weil mi kain ainzigi Sauhaut nöt will.“
Nur weil ihn kein Mädchen erhört, will er ins nächstbeste Kloster eintreten – ein Zerrbild priesterlicher Berufung.
Christian Neuhuber erklärt jeden Text und kommentiert den historischen Kontext. Bei der Buchpräsentation wird er, von Peter Deinhammer am Klavier begleitet, einige Lieder selbst singen. Denn der aus Gmunden stammende Dozent für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Graz ist auch ausgezeichneter Geiger und Pianist, Sänger, Chorleiter und – Fußballtrainer.
(Klaus Huber, Rezension in den Oberösterreichischen Nachrichten vom 7. Mai 2015)
https://www.nachrichten.at/kultur/Weil-mi-kain-ainzige-Sauhaut-noet-will-Bauernlieder-von-Pater-Maurus;art16,1786169